Endlich mal wieder Urlaub. Nach Rügen im vergangenen Jahr geht es diesmal für acht Tage an die Mosel nach Bernkastel-Kues. Wir haben ein sehr gutes Zimmer in einem Gästehaus mitten in der herrlichen Altstadt von Bernkastel, 100 Meter vom historischen Marktplatz mit seinen vielen Fachwerkhäusern entfernt. Auf dem Programm stehen Wanderungen, Fahrten nach Trier und Cochem, Flammkuchen und Federweißer und ein Highlight am letzten Tag: Das „Zylinderhaus“ in Bernkastel-Kues. 2017 wurde das private Museum vom Unternehmer und Oldtimer-Sammler Bernd Benninghofen eröffnet. Schon von außen ist das „Zylinderhaus“ sehr beeindruckend. Die Fassade gleicht einer typischen Fabrik aus der Gründerzeit. Innen erwartete uns eine Sammlung von rund 150 Automobilen und 100 Mopeds, Roller und Motorräder – alle in Deutschland oder in Österreich gebaut. Aber nicht nur die zwei-, drei- und vierrädrigen Klassiker begeistern. Im Erdgeschoss kann man an den Schaufenstern einer Ladenzeile aus den 1950er Jahren vorbeischlendern: Fahrschule, Radio- und Fernsehgeschäft, Fahrradladen, Spielwaren, Schreib- und Rechenmaschinen, ein Kiosk mit zeitgemäßer Presse, ein Café, Haushaltswaren und einer klassischen ARAL-Tankstelle sowie einer Postfiliale. Einige der perfekt ausgestatteten Geschäfte kann man sogar betreten wie z.B. das Spielwarengeschäft. Beim weiteren Rundgang gibt es weiteres historisches Handwerk zu sehen wie eine Schuhmacherwerkstatt. Alleine diese Ladenzeile ist schon sehenswert.
Zurück zu den Automobilen: Man betritt das Museum und geht zwischen einer Reihe Mercedes-Benz (links) und einer Reihe Opel (rechts) aus der Nachkriegszeit hindurch, wobei zwischen den Opel auch ein Vorkriegs-Audi aus den 1920er Jahren steht. Weiter geht es an der schon beschriebenen Ladenzeile entlang, der gegenüber mehrere Kleinwagen der Nachkriegszeit parken, u.a. BMW Isetta, Zündapp Janus, Glas Goggomobil, Victoria Spatz und mit einem Späth Roadster, einem Einzelstück aus Österreich.
Die 1. Etage ist nur eine halbe Etage – aber prall gefüllt mit Mopeds, Rollern und Motorrädern aus der Vor- und Nachkriegszeit. Adler, Miele, Victoria, Ariel, Wanderer, DKW, Lambretta – in zwei langen Reihen steht die umfangreiche Zweiradsammlung. Auch hier wieder Raritäten, wie auch viele Automobile nicht unbedingt im Concours-Zustand, sondern mit der Patina, die ein Motorrad nach vielen Jahrzehnten im Einsatz haben darf. Ganz am Ende der Etage steht aber ein Automobil: Ein Borgward-Cabriolet, in dem die Besucher Platz nehmen und sich fotografieren lassen können. Das haben wir natürlich auch genutzt.
In vielen Oldtimermuseen findet man nur Fahrzeuge, die restauriert und auf Hochglanz gebracht wurden. Auch das ist im „Zylinderhaus anders. Hier findet man neben toll restaurierten Fahrzeugen zahlreiche Klassiker mit einer sympathischen Patina. Noch mehr Außergewöhnliches für ein Oldtimermuseum erwartet uns in der 2. Etage. Nachdem wir eine alte Schmiede mit drei Vorkriegsmotorrädern, einem Vorkriegs-Mercedes und einem Blasebalg passiert haben (eine tolle Präsentation), landen wir tatsächlich auf einem Schrottplatz. Auf den Wänden eine Fototapete, die 1:1 den Waldschrottplatz Messerli in Kauldorf im Schweizer Kanton Bern zeigt. Davor ganz reelle Schrottautos, die teils aufeinandergestapelt sind und zwischen denen (nicht echte) Farne und andere Wildkräuter wachsen. Diese Schrottplatzszene ist wirklich genial dargestellt. Anschließend kommen wir zu den neuesten Fahrzeugen des Museums. Los geht es u.a. mit einem DKW Monza und einem VW SP2 (Karmann !) bis zu einem modernen BMW Z8. Neben diesem steht auch ein Benarrow PB 5, ein 2009 nur 6 x gebautes GT-Sportcoupé. Im nächsten Raum erwartet uns ein Campingplatz. Dort campiert eine Gruppe mit VW T2-Campingbus, einem Wartburg 1000 Campingwagen, ein VW 181 „Kübelwagen“, einer BMW Isetta und einem Cezeta 502/0 aus tschechoslowakischer (!) Produktion. Auch hier wieder alles toll in Szene gesetzt.
Nun geht es in die größte und vollste Halle. Eine ganze Palette Borgward, Hansa und Lloyd zur rechten, drei Porsche zur linken Seite geht es weiter an diversen BMW, NSU und Audi vorbei. Dann folgen DKW 3=6 Limousine und Kombi, IFA F8 Export Cabriolet und ein DKW Schwebeklasse Cabrio-Limousine. Am Kopf der Halle stehen Fahrzeuge der Auto Union aus der Vorkriegszeit: Wanderer, Horch, Audi und DKW. Wunderschöne Fahrzeuge nebeneinander vor einer schick gestalteten Wand, u.a. mit dem auf Originalgröße vergrößerten Bildes des Schaufensters eines Auto Union-Händlers.
Wer meint, das müsse es aber so langsam gewesen sein – Fehlanzeige. Weiter geht es mit Adler Trumpf Junior Cabriolet-Limousine, Stoewer Sedina, Volkswagen Brezelkäfer, Mercedes-Benz 170 H, Steyr „Baby“50, Hanomag Rekord Cabriolet oder einem Wanderer W23 als Wehrmachtsfahrzeug – um nur einige der Fahrzeuge zu nennen.
Das Museum bezeichnet sich selbst als Nostalgie- und Oldtimer-Erlebnis-Museum – und das zu Recht. Der Besuch ist wirklich ein Erlebnis, dass man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man an die Mosel reist. Es lohnt sich definitiv.
Ich könnte hier jetzt eine Galerie mit mehreren hundert Fotos hochladen, aber stattdessen habe ich mal wieder ein Fotobuch erstellt, mittlerweile das sechste zu einem Oldtimermuseum. Wie üblich wird es ein Einzelstück bleiben.