Im August geht es mit der Bahn nach Wolfsburg, ein neuer Wagen wird abgeholt. Bei der Gelegenheit haben wir natürlich genügend Zeit eingeplant, um uns noch das Zeithaus und die nicht weit entfernte Autosammlung der Stiftung Volkswagen, also das alte VW-Museum an der Dieselstraße, anzusehen. In dieser Galerie gibt es die Fahrzeuge des Zeithauses zu sehen, die des VW-Museums sind in einer separaten Galerie zusammengefasst.

 

Das Zeithaus besteht aus zwei miteinander verbundenen Gebäuden. Im sogenannten Rack stehen wie in einem gläsernen Setzkasten die "Meilensteine" der Automobilgeschichte. Entsprechend sind auch viele Klassiker enthalten, die nicht dem Volkswagen-Konzern entstammen. Gleiches gilt für die "Design-Ikonen", die im Korpus ausgestellt sind. Man startet den Gang der Ausstellung von oben nach unten und wechselt immer von einem Gebäudeteil zum anderen.

 

Gleich im Eingangsbereich im Erdgeschoss sticht ein Rolls-Royce Silver Ghost aus dem Jahr 1922 ins Auge. Ihm gegenüber stehen drei Volkswagen: Der 1302 Käfer aus dem 1972, der am 17.02.1972 den bisherigen Stückzahlweltrekord des Ford T mit 15.007.034 gebauten VW Käfern eingestellt hatte. Dahinter steht der Typ 2 T2, ein VW Bulli "Last Edition", der noch bis 2013 in Brasilien gebaut wurde, während hierzulande schon der T6 unterwegs ist. Hinter den beiden luftgekühlten VW folgt noch ein Golf I GTi aus dem Jahr 1978. Heute einen originalen Golf I GTi anzutreffen ist weitaus schwerer als dies bei einem Mercedes 300 SL der Fall ist.

Dann geht es mit der Rolltreppe nach oben. Wir betreten einen Raum, dessen Wände aussehen, als ob der Gestalter gerade auf einem LSD-Trip war. Aber die Fahrzeuge sehen perfekt aus vor diesen Wänden. Es geht gleich los mit einem der schönsten Oldtimer, die je das Licht der Erde erblickt haben: Ein Bugatti Typ 57SC Atlantic Coupé, das zwischen 1936 und 1938 nur viermal gebaut wurde. Ein faszinierendes Auto, nur mit einem Makel: Es ist nicht original, sondern ein Nachbau. Das letzte der beiden originalen Atlantic Coupé wechselte 2010 für ca. 23 Millionen Euro den Besitzer. Auch der Horch gehörte vor dem Krieg zu den Fahrzeugen, die sich nur sehr vermögende Menschen leisten konnten. Aus Italien stammt der 1924 gebaute Lancia Lambda, während das BMW 328 Cabriolet 1938 bei der Münchner Karosseriefirma Weinberger eingekleidet wurde. Als einziges Fahrzeug der Nachkriegszeit ist hier ein Borgward Hansa 1500 ausgestellt, der 1950 als erste deutsche Limousine mit moderner Ponton-Karosserie nach amerikanischem Vorbild gilt. 


Weiter geht es mit einem MG M-Type von 1931, einem Hanomag 2/10 PS "Kommißbrot" und einem Bugatti Typ 15. Das erste Hanomag-Automobil ist zugleich das erste Serienautomobil mit sogenannter Pontonkarosserie, bei der die Radhäuser in den Karosseriekörper integriert sind, anstatt separate Kotflügel zu bilden. Auch konzeptionell gehörte der 2/10 PS zur Avantgarde - als frühes Mittelmotor- Automobil mit vor der Hinterachse angeordnetem Triebwerk. Der Bugatti Typ 15 war das erste Automobil, dass Bugatti in Molsheim baute. Dieses Fahrzeug wurde als 123. Exemplar am 28.09.1912 an einen Monsieur Mottet in der Nähe von Genf ausgeliefert. Von der Baureihe Typ 13/15/17 existieren noch 19 Exemplare, dieses ist das einzige geschlossene Fahrzeug.

Nun geht es auf die andere Seite in den gläsernen Setzkasten. Dort begegnet uns das erste gebaute Automobil, auch wieder als Nachbau: Der Benz Patent Motorwagen von 1896. Dahinter steht ein Vorläufer der heutigen Firma Skoda: Ein Laurin & Clement Voiturette A, ihm folgt ein Ford Model A von 1913, mit dem Henry Ford die Fließbandproduktion einführte. Dann kommt einer der beiden noch existierenden Fahrzeuge des Typ 60 aus dem Jahr 1938, aus denen später der VW Käfer hervorging. Mit dem Typ 2 "Sinalco", dem schwarzen Typ 3 und dem Typ 4 Variant folgen drei Volkswagen. In Bremen gebaut wurde 1955 der Borgward Isabella, während der BMW 1500 1963 am anderen Ende der Bundesrepublik vom Band lief und die Firma BMW  als Vertreter der "Neuen Klasse" rettete. Vor 50 Jahren kam die Formel Vau aus den US nach Deutschland und zehn Jahre später mischte Volkswagen mit dem Scirocco I Gruppe 2 im Rennsport mit. 


Der von Sir Alec Issigonis entwickelte Austin Mini (1965) hatte 1959 als erster Serienwagen einen Vierzylinder mit darunter platziertem Getriebe quer unter der vorderen Haube angeordnet. Dadurch offerierte der BMC-intern "ADO 15" genannte Kleinwagen trotz extrem kompakter Bauweise das Innenraumangebot zeitgenössischer Mittelklassewagen. Außerdem war der Mini sehr erfolgreich im Rallyesport. Ähnliches gilt für den 1969 vorgestellten Autobianchi A112. Wieder aus dem Hause Volkswagen stammen das bei Karmann in Osnabrück gebaute Golf I Cabriolet von 1980 und der Golf II Allrad aus dem Jahr 1990. 


Der herrliche Cadillac V 16 aus dem Jahr 1930 ist das weltweit erste Serienautomobil mit 16 Zylindern. Sein gewaltiger aus 3.273 Einzelteilen bestehender V 16 ist zugleich der weltweit erste Serienmotor mit automatischem Ventilspielausgleich durch Hydrostößel. Der Chevrolet Capitol AA wurde als Fahrzeug der unteren Mittelklasse nur im Modelljahr 1927 von Chevrolet angeboten. Ein völlig anderes Fahrzeug war der Buggy von EMPI. Dieses Fahrzeug auf Käfer-Basis war ein reines Spaßauto, ideal geeignet für die Fahrt am Strand und durch die Dünen. Entwickelt für die Bundeswehr gab es den Volkswagen Typ 181 "Kurierfahrzeug" später ebenfalls als Funmobil.

Nun geht es wieder auf die andere Seite. 1959 hatten die Heckflossen ihren Höhepunkt und am extremsten waren sie am 1959'er Cadillac Eldorado Biarritz. 571 ccm Länge und 239 cm Breite bedeutet viel Platz im Innern und bedingt eine große Garage. Ein solches "Flossentier" macht gleich mächtig Eindruck. Der V8-Motor hat einen Hubraum von 6.391 ccm und leistet 345 SAE-PS. Dahinter folgt ein herrschaftlicher Bentley R-Type Continental von 1954, eine Mischung aus komfortabler Limousine und Sportwagen. Er wurde 208 mal gebaut und erreichte mit seinem Reihen-Sechszylinder, 4.566 ccm Hubraum und 165 PS wie auch der Cadillac eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Ein frühes F-Modell des Porsche 911 mit Baujahr 1966, ein Volkswagen Golf I aus dem Jahr 1977 und ein Karmann GF-Buggy komplettiert diese sehr unterschiedliche Zusammenstellung.

Der erste Wagen mit Klappscheinwerfern war 1935 der Cord 810, ein Frontantriebsauto in Stromlinienform. 1937 folgte der Cord 812. Diese Variante steht im ZeitHaus. Es folgt ein Alvis FWD Type FA von 1928. Er war der erste serienmäßig gefertigte Personenwagen mit Frontantrieb und der erste britische Serienwagen mit Einzelradaufhängung. Der Porsche 911 Turbo stammt aus dem Jahr 1982. Der Chevrolet Corvair orientierte sich am Prinzip des VW Käfer und verfügte über eine Pendelachse und einen luftgekühlten Boxermotor. Im Gegensatz zum Käfer hatte dieser jedoch sechs Zylinder mit bis 2,7 Litern Hubraum. Eine Kampagne des amerikanischen Verbraucherschutzanwalts Ralph Nader bedeutete das Aus für den Convair. Dem Chevrolet zur Seite gestellt ist ein Saab Turbo. Es folgt ein 1982'er Golf I und eine herrliche Corvette C1 aus dem Jahr 1954 - noch ohne Doppelscheinwerfer und mit dem Sechszylindermotor, den die Corvette zu Beginn erhielt und der schnell von einem Achtzylinder abgelöst wurde. Außerdem steht mit Baujahr 2007 noch ein "Neuwagen" im ZeitHaus. Dieser hat seinen Motor jedoch nicht unter der Fronthaube, sondern hinter den Vordersitzen. Es ist der W12 - 650, der 12-Zylinder-Motor aus dem Bentley Continental GT. 650 PS, 325 km/h Spitze - wahrlich ein Wolf im Schafspelz. Gebaut haben VW-Ingenieure ihn für das GTi-Treffen am Wörthersee.

Und wieder geht es aus dem "Glaskasten" heraus ins andere Gebäude. Diesmal begegnet uns die schönste Motorhaube (und natürlich auch der Rest des Fahrzeugs): Der Jaguar E-Type. Hier steht ein oranges Coupé aus dem Jahr 1964. Der nächste Sportwagen ist ein Lamborghini Miura von 1967, es folgt ein zwei Jahre später (in Osnabrück bei Karmann gebauter) Porsche 914. Für seine Zeit (1937) mit einer äußerst fortschrittlichen Karosserieform gebaut steht die Lincoln Zephyr Limousine für ein radikales, modernes Stromliniendesign. Der Porsche 356 ("Knickscheibe") markiert den Beginn für einen der noch heute bedeutendsten Sportwagenherstellers. 1949 ging es los, im ZeitHaus ist dieses schicke Coupé von 1952 zu sehen. Ebenfalls mit einem außergewöhnlichen Design für seine Zeit versehen war der Citroen DS. Die auch "Göttin" genannte Limousine mit seiner revolutionären Technik ist eine Ikone der Automobilgeschichte. Der Citroen DS 19 im ZeitHaus stammt aus dem Jahr 1956. 

Wir wechseln wieder die Seite und gehen in den "Glaskasten". Ein 1979'er Alfa Romeo gerät ins Sichtfeld. Gehört die Marke auch bald zum Volkswagen-Konzern? Gerüchte dazu gibt es ja. Den nächsten Wagen kennt man weniger von der Straße, aber umso besser aus den Filmen "Zurück in die Zukunft, Teil I, II und III" mit Michael J. Fox. Der De Lorean DMC-12 war der Star des Films, umfunktioniert zur Zeitmaschine. In der Realität war er eine wahre Geldvernichtungsmaschine, bei der für wenige Fahrzeuge Millionen Pfund Steuergelder versenkt wurden. Der DMC-12 stammt aus dem Jahr 1982.


Die Firma Hebmüller war - wie Karmann aus Osnabrück - Spezialist für Cabriolets. Die nächsten beiden Fahrzeuge stammen von Hebmüller. Das nur 32 mal gebaute Borgward Hansa 1500 Cabriolet stammt aus dem Jahr 1951, verfügt über vier Sitze und hat einen Vierzylinder-Reihenmotor mit 48 PS. Diese Fahrzeug soll das einzige noch existierende sein. Zwei Jahre zuvor wurde ein wunderschönes, zweisitziges Cabriolet auf Käfer-Basis gebaut. 2.000 Stück sollte Hebmüller für Volkswagen produzieren, doch ein Großbrand vernichtete das Werk in Wülfrath. So blieb es bei 696 Stück des heute sehr gesuchten Cabriolets. 


Seiner Zeit voraus war der NSU Ro 80 mit seinem modernen Design und dem Wankelmotor. Aber der Wankelmotor sollte sich nicht durchsetzen. Dennoch wurde er von 1967 bis 1977 in 37.398 Einheiten produziert. Das ausgestellte Fahrzeug gehörte zum letzten Jahrgang. Sehr modern hingegen ist der VW XL1. Das Ein-Liter-Auto wird in einer kleinen Serie im Osnabrücker Volkswagenwerk hergestellt.


Der stromlinienförmige Tatra 87 wurde zwischen 1937 und 1950 gebaut. Wie auch der VW Käfer wurde der Tatra von einem im Heck untergebrachten luftgekühlten Motor angetrieben, hier war es jedoch ein V8-Motor, bei dem zur Gewichtsreduzierung zahlreiche Bauteile wie auch der Motor- und Getriebeblock aus Elektron hergestellt worden war. Dieser Tatra 87 stammt aus dem Jahr 1945.


Zu Audi und damit auch zum Volkswagenkonzern gehört Lamborghini, bekannt für seine spektakulären Sportwagen. Der erste Lamborghini-Sportwagen war der 350 GT, der zwischen 1964 und 1967 mit seinem Zwölfzylindermotor Ferrari Konkurrenz machte. Der silberne 350 GT aus dem Jahr 1966 gehört noch zu den eleganten Sportwagen, während der Lamborghini Diablo GT seinem Namen alle Ehre macht: Er ist ein teuflisches Kraftpaket, das schon im Stand schnell aussieht. Er ist die Nr. 1 aus einer 1999'er Sonderserie von 83 Exemplaren und verfügt über einen V12-Zylinder-Motor mit 5.992 ccm Hubraum und 575 PS. Damit ist er bis zu 338 km/h schnell. Bei seinem Erscheinen kostete er 580.000 DM.


Zwei weitere, ältere und etwas bescheidenere Sportwagen sind der Lotus Elite Serie 2 von 1960 und der Matra Djet 6 von 1962. Beide besitzen eine Kunststoff-Karosserie. Die rund 1.000 Elite wurden zwischen 1957 und 1963 zum Teil als Bausatz geliefert. Mit seinem Reihen-Vierzylinder, 1.216 ccm und 95 PS schaffte der Elite bis zu 210 km/h. Der Matra wurde 1962 von René Bonnet vorgestellt. Der Mittelmotorsportler wurde von einem Renault-Motor angetrieben. 1964 übernahm Matra die Firma und das Fahrzeug von Bonnet und baute den Jet 6 noch bis 1968. Auch er schaffte eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h mit einem Reihenvierzylinder mit 1.225 ccm und 105 PS. Während der Lotus seinerzeit 26.000 DM kostete, war der Djet 6 für 15.500 DM zu haben.

Man merkt, dass immer wieder Fahrzeuge im ZeitHaus wechseln. Einige, die laut Homepage zu sehen sein sollten, waren nicht da. Manche werden bei Veranstaltungen eingesetzt, andere landen zeitweise in unzugänglichen Hallen. Bei Fahrzeugen wie dem 1.000.000. Käfer (dem goldenen...) oder den Nachbauten der Vorserien des KdF-Wagens hoffte ich, diese im Automobilmuseum der Stiftung Volkswagen zu sehen, dass knapp 1,5 km entfernt in Wolfsburg steht. Leider vergeblich.

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