Wie kam ich zum Hobby „Oldtimer“ und warum bin ich immer noch dabei, obwohl ich keinen besitze?

Los ging es im Jahr 1983, nachdem ich mit 18 Jahren auch die praktische Führerscheinprüfung bestanden hatte. Den „grauen Lappen“ händigte mir der Fahrprüfer aus, als wir direkt unter dem Straßenschild „Schmidtstraße“ parkten. Ab jetzt war ich nicht mehr auf das Fahrrad oder den damals noch katastrophaleren Öffentlichen Personen-Nahverkehr angewiesen, der zu dieser Zeit von Hasbergen nach Osnabrück praktisch nicht existierte – und auch heute völlig unzureichend ist. „Mein“ erstes Auto war allerdings nicht „mein“ Auto, sondern gehörte meinem Opa, der nicht mehr fuhr. Drei Jahre zuvor hatte er den 1969er Käfer 1300 meiner älteren Schwester überlassen. Nun war ich an der Reihe, Heike musste sich ein „neues“ Auto kaufen – ein Opel Kadett C Coupé. Ich bekam den diamantblauen, mit einem Stahlschiebedach als Extraausstattung versehenen Käfer. Meine Freunde fuhren damals bereits VW Polo, Golf I oder Peugeot 204 – ich fuhr Käfer. Mir war klar, dass dieser nach Beendigung meiner Ausbildung einem richtigen Auto weichen musste. Aber einen anderen alten VW wollte ich auch haben: "Unseren" Typ 3 1600 Variant in grün. Den hatte mein Vater nach drei Jahren an ein Rentnerehepaar in Hilter a.T.W. verkauft. Immer, wenn wir nach Dissen a.T.W. zu unseren anderen Großeltern fuhren, stand er in der Einfahrt des Ehepaares. Allerdings wollte ich noch den Winter abwarten und Eis und Schnee (für junge Leute: Schnee ist weiß, kalt, fiel damals im Winter häufig vom Himmel und sorgte bei Autos oftmals für Kaltverformungen). Im Frühjahr fuhr ich frohen Mutes nach Hilter a.T.W. - in der Einfahrt stand ein schäbiger neuer Passat. Sechs Wochen vorher hatten sie ihn bei einem örtlichen VW-Händler gekauft und der ließ den makellosen Variant verschrotten ("Da bekommt man ja nichts mehr für"). Ich musste tief durchatmen. Den VW-Händler gibt es heute auch nicht mehr - das nennt sich Karma.1984 war die Ausbildung im Frühjahr beendet, der Käfer blieb. Er war doch irgendwie cooler als so ein modernes Auto.

 

Im Herbst 1984 musste ich zur Bundeswehr, 15 Monate Wehrdienst waren angesagt. Also vorher noch die letzten Urlaubstage verbraten und los ging es mit dem Käfer über Celle, nach Gießen, Frankfurt und zurück. Irgendwo vor Hannover war auf der A1 eine gefährliche Auffahrt auf einer Kuppe, es gab keinen Beschleunigungsstreifen. 80 km/h waren offiziell angesagt. Problem: Ich fuhr gerade 130 km/h (!), obwohl mein Opa gesagt hatte, dass der Wagen maximal 100 km/h fahren kann. In dem Moment kam ein LKW auf die Autobahn aufgefahren. Schwungvoll zog ich auf die Überholspur – und sah gleichzeitig auf dem Grünstreifen in der Mitte zwei uniformierte Herren mit so einem merkwürdigen Gerät, das einen Blitz von sich gab. Das diente der offiziellen Dokumentation meiner neu gewonnenen Geschwindigkeit, was man auch meinem Opa einige Zeit später schriftlich mitteilte. Der war allerdings nicht gerade erfreut, bezeichnete mich leicht verärgert als „Raser“ und drohte, mir den mittlerweile geliebten Käfer wieder wegzunehmen – so wie die Behörden drohten, mir meinen Führerschein für einen mir nicht mehr geläufigen Zeitraum abzunehmen. Caracciola und Rosemeyer bekamen einst für ihre Rekordfahrten auf Autobahnen Prämien, ich nur Stress (Für alle Jungspunde: 1985 gab es weder einen „Führerschein auf Probe“ noch „begleitendes Fahren mit 17“. Man machte den Führerschein und fuhr einfach los. Das war allerdings nicht für jeden Führerschein-Neuling gesund gewesen). Jedenfalls durfte ich beim Landkreis Osnabrück das Foto einsehen (so war das damals). Was sah man? Meinen Käfer und mich, daneben den Aufbau des LKW. Wie kam ich bloß aus der Nummer wieder heraus? Ich wollte schließlich sowohl den Führerschein als auch den Käfer behalten. Also ließ ich meiner blühenden Fantasie freien Lauf: Ich gab zu, 90 km/h gefahren zu sein, als der LKW auf die rechte Fahrspur auffuhr. Da er maximal 30-40 km/h zu diesem Zeitpunkt fuhr, hätte ich stark abbremsen müssen. Ich konnte allerdings nicht sicherstellen, dass der mir nachfolgende Fahrer dies registrierte. Um zu vermeiden, dass es zu einem Auffahrunfall kommt, zog ich auf die Überholspur. Um noch ein dort fahrendes Auto nicht meinerseits zu einem abrupten Abbremsen zu zwingen, beschleunigte ich kurzfristig auf 130 km/h. So hatte ich mit dem Verstoß gegen das Tempolimit eine durchaus gegebene Unfallgefahr verhindert. Das schrieb ich dann der zuständigen Behörde. Zwei Wochen später erhielt ich ein Schreiben, dass das Verfahren eingestellt worden sei. Damit bin ich zu Opa gegangen und habe es ihm gezeigt. „Das Gerät war wohl defekt, ich bin natürlich niemals so schnell gefahren“. Ergebnis: Führerschein und Käfer blieben bei mir. Dass der Sachbearbeiter sich vorstellen konnte, dass man mit einem 44-PS-Käfer bergauf mal eben von 90 km/h auf 130 km/h beschleunigen kann – ich hatte mehr Glück als Verstand.

 

Dann ging es zur Bundeswehr, genauer gesagt zum Luftwaffenausbildungsregiment 1 in Pinneberg bei Hamburg. Nach der Grundausbildung kam ich nach Oldenburg, Dort war ich Mitglied eines Teams, das für die interne Telefonvermittlung zuständig war. Der zuständige Feldwebel (Haupt- oder was auch immer für ein Webel) hatte schon mitbekommen, dass ich aus der Verwaltung kam und so musste ich den Dienstplan für die nächsten drei Monate machen. Ich war sehr uneigennützig (oder bescheuert, wie die anderen Neulinge meinten), da ich für mich ständig für Nacht- du Wochenenddienst eingetragen und den Plan auch gleich für die nächsten 12 Monate erstellt hatte. Alle waren mit dem Plan einverstanden („ist der Schmidt bescheuert“) und ich gab ihn unserem Feld- Wald- und Wiesenwebel. Der grinste nur. Was die anderen nicht wussten, ich hingegen schon: Nachts passiert nichts, man konnte also wie alle anderen schlafen, nur nicht auf ihrer Stube, sondern in der „Secret Area“ - und hatte tagsüber frei. Am Wochenende passierte auch nichts (die Bundeswehr war im Urlaub und die Russen betrunken, so hieß es), man hatte viel Freizeit und bekam eine komplette Woche frei für eine Wochenendschicht. Tja, der Plan stand und ging für mich auf. Zum Schluss der 12 Monate ging es mit fünf aufgesparten Freischichtwochen in den Urlaub nach Norwegen.

 

Doch was hat das mit dem Thema „Oldtimer“ zu tun? Wie gesagt, ich hatte Zeit, viel Zeit. In Osnabrück hatte ich mittlerweile einige Käfer-Besitzer kennengelernt und wir überlegten, einen Club zu gründen. Wer hatte also Zeit, sich darum zu kümmern? Ich! Noch ohne Internet, mit Schreibmaschine ausgestattet, schrieb ich eine Satzung, unsere Ziele und auch gleich den ersten Newsletter. Im Januar 1985 gründeten wir dann mit acht Leuten im Partykeller meiner Eltern den „Käfer-Liebhaber-Club Osnabrücker Land“, woraus einige Zeit später der „Käfer-Club Osnabrück“ wurde. Ich wurde auch gleich Vorsitzender und Pressewart in einem. Zurück zur Bundeswehr: Die Endrohre vom Auspuff waren ziemlich verrostet. An einem Dienstwochenende stellte ich um auf schwarze Endrohre, die vorher noch einen Bundeswehrkäfer zierten. Der Mechaniker bestellte für das Fahrzeug neue Endrohre, da die alten doch auf waren. Ein Motortausch war nicht angesagt, der Bundeswehrkäfer hatte nur 34 PS.

 

Irgendwann erhielt der namenslose Käfer ein paar Neuteile. Vorne hatten ein Kotflügel, die Kofferraumhaube und die Stoßstange spontan die Form verändert. Es hatte gehagelt, ein Trecker wollte auf ein Feld abbiegen und die dahinter fahrenden Fahrzeuge blieben stehen. Nicht so mein Käfer. Der Tritt auf das Bremspedal blieb folgenlos, gemeinsam rutschten wir auf den Hagelkörnern vorwärts und wurden erst von einem Kombi gebremst. Der daraufhin seinen Vordermann mit einem weiteren Stoß auf das Ereignis hinwies. Während meine Versicherung die Erneuerung der Fahrzeuge meiner neuen Bekanntschaften abwickelte, gab es für den Käfer neue Blechteile vom Schrotthändler in Belm – der hatte einen diamantblauen 1969er Käfer mit einem respektablen Heckschaden stehen. Vorne sah er wie neu aus – bis ich kam und Kotflügel und Fronthaube demontierte. Die originale Stoßstange wurde um einen Baum in unserem Garten weitestgehend geradegebogen (Das macht mal heute mit einem dieser modernen Stadtpanzer. Alles Plastik). 1987 bekam mein Käfer Zuwachs, ihm wurde ein perlmuttweißes Cabriolet mit einem 1500er Motor an die Seite gestellt. Gleiches Baujahr, aber einen Tag später Erstzulassung. Ein Jahr später bot mir ein Kollege seinen 1954er Ovalkäfer an. Zustand 3, er sollte 600 DM kosten. Ich hatte nur eine Garage und schon zwei Autos. Also kaufte ich ihn nicht (jetzt passte das Zitat „Uwe ist bescheuert“). Aber später ist man immer schlauer. In den nächsten Jahren wuchs der Käfer-Club, wir waren unterwegs zu zahlreichen Käfer-Treffen im In- und Ausland unterwegs. Das war eine nette Zeit.

 

Der diamantblaue Käfer war mittlerweile reif für eine grundlegende Sanierung. Nichts für Uwe mit seinen zwei linken Händen und der fehlenden Begabung für handwerkliche Dinge. Also gab ich ihn für kleines Geld in vermeintlich gute Hände an einen Clubkollegen, der ihn für seine Schwester fertigmachen wollte. Wollte, den er ging danach für nicht so kleines Geld gleich extern weiter. Das fand ich nicht unbedingt sympathisch.1993 wollte dann eine junge Dame mein Cabrio kaufen. An einen Verkauf hatte ich nicht gedacht. Also nannte ich einen völlig abwegigen Preis von 9.000 DM (Wert damals rund 6.000 DM). Sie kam dennoch am nächsten Tag mit einem befreundeten Kfz-Mechaniker vorbei. Der fand noch Dinge, die gemacht werden mussten, von denen ich noch gar nichts wusste. Er fand den Wagen zu teuer (damals war er das definitiv), ich müsste 300 DM runtergehen. Weg war das Cabrio, aber aufgrund des von mir gewährten Rabatts behielt ich das (nicht originale) Radio. Das liegt heute noch irgendwo herum, genauso wie das originale Lenkrad des Cabriolets. Jetzt sollte ein Triumph TR3 her, den ich mir schon angeschaut hatte und mit dem Besitzer mehr oder weniger einig war. 13.000 DM wollte er für den TR3 in einem Top-Zustand haben. Wir kamen aber nicht zusammen. Stattdessen kauften Sandra, die die Oldtimer seit 1987 deutlich in den Hintergrund gedrängt hatte, und ich recht spontan 805 qm Maisacker und setzten darauf ein Haus. Das Thema „eigener Oldtimer“ hatte sich erledigt. Es gab nun andere Prioritäten für mich.

 

Aber ich fand Oldtimer immer noch faszinierend und war nun mit der Kamera unterwegs, nicht nur zu Käfertreffen. Mittlerweile faszinierten (und faszinieren) mich Oldtimer bis zu den 1960er Jahren. Regelmäßig war ich bei den monatlichen Treffen der Oldtimer IG Osnabrück am Piesberg und bei der „Historischen Fahrt Rund um Osnabrück“ zum Fotografieren. Für die Vielzahl an Oldtimern, die mir im Osnabrücker Raum begegneten, waren bei den monatlichen IG-Treffen jedoch nur wenige zu sehen. Es wurde auch kaum Werbung gemacht. Darüber mailte ich mit Andreas, einem Nachbarn und der IG-Mitglied. Einige Wochen später schickte er mir das Protokoll der Vorstandswahlen. Darin las ich, dass ein Uwe Schmidt neuer Schriftführer/Pressewart war. Das irritierte mich doch ein wenig, schließlich besaß ich weder einen Oldtimer noch war ich IG-Mitglied. Wie es dazu gekommen war, erfuhr ich von Andreas, der unseren Schriftwechsel der IG vorgetragen hatte. So hieß es auf der Mitgliederversammlung: „Wenn der Schmidt so viele Ideen für eine Pressearbeit hat, dann soll er das mal selbst machen. Schließlich ist er sowieso immer bei unseren Treffen dabei. Es folgten also die Mitgliedschaft in der IG und zehn Jahre lang das Amt des Pressewartes. Aber immerhin: Die Zahl der Teilnehmer wuchs und wuchs und auch die Zahl der Mitglieder. Wobei das der Verdienst des gesamten Vorstandes war.

 

Meine Lieblingstreffen sind und bleiben die Veranstaltungen mit möglichst originalen historischen Volkswagen oder Vorkriegsfahrzeugen. Highlight ist das alle vier Jahre stattfindende „Uraltkäfertreffen Hessisch Oldendorf“. Ein absolutes MUSS. Damit verbunden ist auch die legendäre „Grundmann-Sammlung“, die ich 2024 mit der IG besuchen durfte.

 

2023 legte ich dann das Amt des Pressewartes nieder, um mehr Zeit für mich zu haben. Aber die Treffen, der Besuch von Oldtimermuseen und eine wachsende Sammlung an Oldtimermodellen bleiben weiter Hobby. Natürlich auch das Fotografieren wunderschöner historischer Fahrzeuge. Ob irgendwann auch mal ein richtiger Oldtimer kommt? Ein Traum wäre ein Brezel- oder ein Ovalkäfer, ein T1-Bus, ein Karmann Ghia Typ 14, ein frühes Käfer Cabrio von Karmann oder Hebmüller oder ein schicker Vorkriegsveteran. Ich bin skeptisch, meine handwerklichen Fähigkeiten sind nicht besser geworden und die Kosten für speziell solche Fahrzeuge sind ins Unermessliche gestiegen. Aber man darf ja mal träumen….

 

Mein damaliges Käfer Cabriolet. Nicht sonderlich original. Häßliche, klobige "Elefantenfüße", Perlmuttlackierung, Sportauspuff, ein paar zusätzliche PS, Zusatzscheinwerfer und diverse überlackierte Roststellen. Mit ihm ging es zu Zweit mit Zelt und allem Gepäck 1990 an den Waginger See. 

 

NIE WIEDER !

Meine Fotobücher

In Planung

Meine Kalender