Trip zum Automuseum Prototyp in Hamburg
Kurzentschlossen hatte ich mich am 20.05.2025 auf den Weg nach Hamburg gemacht. Ziel war das Automuseum Prototyp. Gemütlich sollte es mit der Bahn in die schönste Stadt Deutschlands gehen, wozu habe ich schließlich ein Deutschlandticket. Bei bestem Wetter startete die RE9 im Osnabrücker Hauptbahnhof. Doch in Diepholz war erst einmal Pause angesagt; wie schon auf der Fahrt zur Bremen Classic Motorshow im Februar sorgte eine defekte Signalanlage für die erste Zwangspause am heutigen Tag. Nach exakt 60 Minuten ging es dann störungsfrei nach Bremen, wo ich natürlich meinen Anschlusszug verpasst und die nächste Metronom nehmen musste. Mit einer Stunde Verspätung kam ich in Hamburg an und machte mich auf den Weg zum Automuseum. Der 15minütige Spaziergang war sehr angenehm nach der Fahrt.
Das Automuseum Prototyp hat seinen Schwerpunkt in der Präsentation von frühen Porsche-Konstruktionen, Sport- und Rennfahrzeugen der deutschen Nachkriegszeit sowie deren Konstrukteuren und Fahrern gelegt. Untergebracht ist es in der HafenCity am Rande der Speicherstadt im denkmalgeschützten ehemaligen Fabrikgebäude der Harburger Gummi-Kamm-Compagnie, das zwischen 1902 und 1906 errichtet wurde.
Angekommen im Museum, packte ich meinen Rucksack und die Jacke in ein Schließfach und betrat mit der Kamera bewaffnet die Ausstellung. Diese war über drei Etagen verteilt und sie waren völlig unterschiedlich gestaltet. „Das Beste kommt zum Schluss“ heißt es immer – hier war es anders: Das Beste kam am Anfang. Los ging der Rundgang in der ersten Etage und man wanderte bis in den Keller. Das highlight kam mit einem der 1939 gebauten Berlin-Rom-Wagen, es folgte ein Vorserien-Volkswagen aus dem gleichen Jahr, ein Polizei-Cabriolet von Pappler sowie diverse kleine Rennwagen der Nachkriegszeit und ein VW T1-Bus von Otte Mathé wurden sehr schön präsentiert. Von dort aus ging es weiter in einen größeren Raum mit diversen Rennwagen und Sonderkarosserien auf Porsche 356-Basis der Nachkriegszeit, einem wunderschönen Goliath GP 700 Sport mit Rometsch-Karosserie sowie einem Typ 82 Kübelwagen, einem Typ 166 Schwimmwagen und einem Porsche 597 „Jagdwagen“. Außerdem fanden sich hier noch weitere drei moderne Renn- und Rallyewagen.
Im Erdgeschoss gab es drei Räume. In einem befanden sich diverse Klassiker, meist mit Bezug zu VW und Porsche, aber auch eine BMW Isetta und drei einzigartige Rennwagen. Diesen Raum betrat ich zum richtigen Zeitpunkt, denn hier sollte gerade der älteste bekannte Serien-356 (Nr. 5006) aus der Halle gefahren und nach jahrelanger Restauration zum TÜV gebracht werden. Doch er weigerte sich zunächst. Dazu gleich mehr bei der Beschreibung des Wagens. In einem weiteren tristen Raum standen fünf italienische Wagen, ein sehr schöner Maserati A6G/54 mit Zagato-Karosserie von 1956, ein nicht weniger schöner Ferrari 250 GT Berlinetta SWB (1961), ein Lancia Stratos HF Stradale (1974), ein Ferrari GTO (1984) und ein Ferrari 365 GT/4 BB (1975). Das Flair dieses Raumes entsprach dem eines Tiefgaragen-Parkplatzes. In einem weiteren großzügige und lichtdurchfluteten Raum wurden fünf Porsche gezeigt: Vier sehr moderne 911er im Renntrimm sowie eines der schönsten Fahrzeuge im Museum: Ein Porsche Typ 356/2 Gmünd Coupé aus dem Jahr 1949. Zu dem Fahrzeug ebenfalls gleich mehr.
Im Kellergewölbe wurden anhand von Fotos und Modellen die Käfer-Historie der 1950er Jahre sowie das Leben vom erfolgreichen deutschen Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips präsentiert. Von Trips startete zwischen 1957 und 1961 für Porsche und vor allem für Ferrari in der Formel 1. Am 10.09.1961 verunglückte er in Monza tödlich und wurde posthum Vizeweltmeister. Im Automuseum Prototyp werden zahlreiche Gegenstände aus dem Besitz von Tripps gezeigt.
Der Besuch des Automuseums Prototyp hatte sich auf jeden Fall gelohnt. Bis auf die 1. Etage war ich jedoch ein wenig von der Präsentation der Fahrzeuge enttäuscht. Während im Erdgeschoss vier neue Porsche etwas verloren in einem tollen Raum standen, standen die Klassiker nebenan eng beieinander. Das Konzept dort hatte ich nicht ganz verstanden. Die irgendwie zum Museum nicht ganz passenden fünf italienischen Klassiker waren recht lieblos abgestellt. Positiv hingegen ist, dass alle Fahrzeuge ohne störende Barrieren in Szene gesetzt werden. Den Besuch kann sehr empfehlen, denn die erste Etage, in der nicht nur herrliche Klassiker, sondern auch vieles andere rund um diese Fahrzeuge gezeigt werden, haben den Eintritt von 13 Euro auf jeden Fall gerechtfertigt. Dank einer Zwischenstopps von 50 Minuten in Bremen (laut Plan) bin ich trotz Zwangspausen aufgrund einer Überholung (in Harburg), eines Nofalleinsatzes im Zug (in Buchholz und einer kurzfristigen Streckensperrung hinter Rotenburg aufgrund eines Böschungsbrandes dann doch noch pünktlich in Osnabrück angekommen. Der Aufenthalt in Bremen vor dem Anschlusszug nach Osnabrück war dann von 50 auf 5 Minuten zusammengeschmolzen. Aber - die gute Nachricht - das Signal bei Diepholz war nicht wieder ausgefallen.
Gleich folgen für jede Etage eine eigene Galerie der ausgestellten Fahrzeuge. Vorher aber meine sieben Highlights des Automuseums Prototyp:
Der VW Typ 60 K 10 (bzw. Porsche Typ 64) wurde 1939 auf Basis des neuen Kdf-Wagens gefertigt. Der KdF-Wagen sollte im Herbst 1939 präsentiert und verkauft werden. Um ihn populär zu machen, wurden vom Konstruktionsbüro Porsche drei stromlinienförmige Sportwagen gebaut, die an der geplanten Fernfahrt Berlin-Rom, einem Gegenstück zur damals populären Rallye Lüttich-Rom-Lüttich, teilnehmen sollten. Doch diese Fahrt fand aufgrund des Kriegsausbruchs nicht statt und auch der KdF-Wagen wurde nie für die deutsche Bevölkerung gebaut. Die Karosserie des Typ 60 K 10 besteht aus Aluminium, die Karosserie wurde von Erwin Komenda gezeichnet. Der Fahrer sitz mittig vorne, ein Beifahrer findet nur Platz auf einem schräg nach hinten versetzten Notsitz. Der Vierzylinder-Boxermotor war gegenüber dem KdF-Wagen bei 985 ccm Hubraum auf 35 PS gesteigert worden. Das Gewicht des Wagens betrug 535 kg. Eins der drei Fahrzeuge fuhr KdF-Leiter Lafferentz bereits 1939 zu Bruch, eins wurde von Ferdinand Porsche als Kurierfahrzeug und nach dem Krieg in Österreich von amerikanischen Soldaten genutzt und ebenso wie der dritte Wagen stark beschädigt. Dieses Fahrzeug und die verbliebenen Elemente des Wagens Nr. 2 kaufte 1949 der Österreicher Otto Mathé, der das Fahrzeug Nr. 3 bis 1951 im Motorsport einsetzte. Höhepunkt in Mathés Laufbahn als Rennfahrer war der Sieg im Alpencup 1950, in dem der Berlin-Rom-Wagen schnellster Sportwagen seiner Klasse war. Nach dem Tod von Mathé im Jahr 1995 kaufte Dr. Thomas Gruber den Wagen und ließ ihn restaurieren. Danach wechselte der Wagen mehrfach den Besitzer. Aus dem Nachlass von Mathé erwarben die Eigentümer des Automuseums Prototyp die noch existierenden Originalteile des Wagens Nr. 2 und rekonstruierten ihn. Seit 2008 ist er Teil der Dauerausstellung in der Hamburger HafenCity.
Der VW39 Vorserien-Volkswagen ist einer der ältesten Volkswagen, die heute noch existieren. Gebaut wurde er im Jahr 1939. Er besitzt bereits die Karosserie mit vorne angeschlagenen Türen, Stoßfängern vor und hinten und das bis 1953 beibehaltene geteilte Fenster („Brezelfenster“). Als Motor dient der von Ferdinand Porsche entwickelte Vierzylinder-Boxermotor mit 985 ccm Hubraum und 23 PS.
Der GP 700 Sport war ein Werbeträger der zum Borgward-Konzern gehörenden Marke Goliath. Er sollte die Sportlichkeit von Zweitakt-Motoren aufzeigen. Zunächst wurden zwei Alu-Prototypen gebaut. Auf der IAA 1951 wurde der GP 700 Sport erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Nach der erfolgreichen Premiere wurde eine Kleinserie beschlossen und 25 Wagen wurden bei Rometsch in Westberlin per Hand gebaut. 1000 Arbeitsstunden pro Wagen führten zu einem Kaufpreis von 9.700 DM. Dieses ist einer von zwei noch erhaltenen bei Rometsch gebauten Wagen aus dem Jahr 1952. Das 850 kg schwere Fahrzeug hat einen Zweitaktmotor mit 845 ccm Hubraum. Dieser leistet 29 PS und beschleunigt das schicke Coupé auf 134 km/h. Das Coupé ist eine Leihgabe der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin.
Die ersten Porsche-Sportwagen des Typs 356 entstanden 1948/49 in Gmünd/Österreich. In Handarbeit entstanden auf der Basis von VW-Technik 52 Fahrzeuge. Des Besonderheit der Gmünd Coupés ist, dass ihre Karosserie im Gegensatz zu den späteren Serienfahrzeugen aus Aluminium besteht. Dieses Fahrzeug hat einen Vierzylinder-Boxermotor mit 1.098 ccm Hubraum. Dieser leistete 35 PS und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Das Gewicht des Fahrzeugs beträgt lediglich 700 kg.
1950 wurde dieser Porsche 356 mit der Nr. 5006 bei Reutter – noch in Handarbeit – in Stuttgart gefertigt. Seit 1956 galt er als verschollen, bis ihn Thomas König und Oliver Schmidt, die Gründer des Automuseums Prototyps, 2013 entdeckten. Das Fahrzeug war ein Wrack, stand mit anderen Oldtimern in der freien Natur unter Planen. Acht Jahre später strahlte das Fahrzeug nach einer aufwändigen Restauration in neuem Glanz in seiner weinroten Lackierung – so wie 1950, als er in Reutlingen erstmals präsentiert wurde. Das 770 kg leichte Fahrzeug wird natürlich von seinem 1.086 ccm großen Vierzylinder-Boxermotor mit 40 PS angetrieben.
Volkswagen ließ bei mehreren Herstellern (Hebmüller, Pappler, Karmann, Austro-Tatra) Ende der 1940/Anfang der 1950er Jahre eine kleine Zahl von Polizei-Cabriolets fertigen. Dazu gehörte auch dies Fahrzeug vom Kölner Hersteller Pappler aus dem Jahr 1951. Das 745 kg schwere Fahrzeug bot vier Mann Besatzung Platz und wurde vom Serienmotor des Käfers mit 1.131 ccm Hubraum und 24,5 PS angetrieben.
1952 änderte Porsche Karosserie und Technik des Typ 356. So wurde u.a. die geteilte Frontscheibe durch eine einteilige "Knickscheibe" ersetzt. Als stärkste Motorvariante konnte nun der 1500 Super-Motor gefordert werden. Intern Typ 528 genannt fand dieser Motor auch bei den 356 Gmünd SL Renncoupés und den ersten 550 Spyder Prototypen Verwendung. Aus Gründen des internationalen Wettbewerbs entschied sich Porsche, diesen Motor auch in den US-Sondermodellen des Porsche 356 zu verbauen. So wurde Ende 1952 das hier gezeigte Modell Typ 356 USA de Luxe auf den Markt gebracht. Diese Fahrzeug wurde 1953 gebaut und von einem 1.488 ccm großen Boxer-Motor mit 70 PS angetrieben. 170 km/h konnte das 830 kg schwere Cabriolets schnell sein.
Weiter geht es in den nächsten Tagen...