14. Juli 1955: Im Casino von Georgsmarienhütte wurde ein neues Automobil präsentiert: Der Karmann Ghia, eine Zusammenarbeit von Wilhelm Karmann jun. vom Osnabrücker Karosseriebau-Unternehmen Karmann und Luigi Segre von der Karosserie Ghia. Auf Basis des VW Käfer entstand das wunderschöne Coupé und war das erste Fahrzeug in der langjährigen Geschichte des Unternehmens, das den Namen auch offiziell führen durfte. Fortan fertigte Karmann im Osnabrücker Stammwerk nicht nur das Käfer-Cabriolet (seit 1949), sondern auch das elegante Karmann Ghia Coupé sowie – ab 1957 – das nicht weniger schöne Karmann Ghia Cabriolet. Bis 1974 rollten hier die schönen Karmann Ghia (Typ 14) vom Band.
13. Juli 2025: Vor dem historischen Rathaus in Osnabrück sorgen 70 Karmann Ghia für Begeisterung bei vielen Osnabrückerinnen und Osnabrückern. Der neue Verein „Karmannstadt“ um Joachim Acker hatte eingeladen und viele Karmann Ghia-Freunde aus ganz Deutschland, den Niederlanden und Belgien folgten dieser Einladung. Bei bestem Wetter reihten sie sich, sortiert nach ihrem Alter, auf. Rund 1 ½ Stunden waren sie zu sehen und dann starteten sie zum Osnabrücker Volkswagenwerk, dem einstigen Karmann-Werkes. Dort nahmen die Teilnehmer an einem Empfang in der Fahrzeugsammlung teil und lauschten den Worten von Eberhard Kittler, Motorjournalist und Buchautor, früherer Redakteur bei „Oldtimer Markt“ und „Motor Klassik“, Chef von Volkswagen Classic und der Stiftung Automuseum Wolfsburg. Mit ihm hatte ich mich eine ganze Weile auf dem Markt in Osnabrück unterhalten.
Die meisten der Karmann Ghia Typ 14 auf dem Marktplatz sahen aus, als ob sie gerade erst vom Band an der Martinistraße oder im Fledder gelaufen waren. Ob das regattablaue Cabriolet aus Darmstadt, das Coupé mit einem äußerst seltenen Stahlschiebedach (war das wirklich original?) oder das hellblaue Cabriolet von Petra P. aus Unna – die „Karmänner“ boten ein traumhaftes Bild. Aber es gibt auch Unterschiede: Für mich die schönsten Fahrzeuge sind die sogenannten „Lowlights“, die frühen Modelle mit den kleinen Luftöffnungen in der Front, den kleinen Blinkern und Rückleuchten sowie den gegenüber späteren Modellen etwas tiefer gezogenen Scheinwerfern. Wenn dann noch Exportstoßstangen und Weißwandreifen montiert sind und ein Coupé eine Zwei-Farben-Lackierung trägt – man kommt aus dem Schwärmen nicht heraus. Der Karmann Ghia ist einfach eines der schönsten Automobile der 1950er, 1960er und 1970er Jahre. Das älteste Fahrzeug war ein schwarzes Coupé aus dem Jahr 1955, dicht gefolgt von einem hellbeigen Osnabrücker Coupé von 1956.
Erstaunt war ich, wie viele Karmann Ghia mit Osnabrücker Kennzeichen vor Ort waren. Leider nur wenige konnte die Oldtimer IG Osnabrück e.V., mit vielen Mitglieder beim Treffen vor dem Osnabrücker Rathaus dabei, bisher auf ihren Treffen am Museum Industriekultur begrüßen. Das ändert sich vielleicht am 3. Oktober, wenn die IG beim „Osnabrücker Oldtimer-Herbst“ das Jubiläum „70 Jahre Karmann Ghia“ in den Vordergrund stellen wird.
Um 11.30 Uhr starteten die 70 Karmann Ghia zum Osnabrücker Volkswagenwerk. Ein Wagen nach dem anderen rollte an mir und den anderen Zuschauern vorbei. Der Sound dieses kleinen VW-Boxermotors ist einfach unverkennbar. So wie der V8 eines US-Klassikers oder das Surren eines frühen luftgekühlten Porsche 911. Wenn ich dagegen an die modernen E-Autos denke, deren "Sound" eher an eine Straßenbahn erinnert...
Eine kleine Begebenheit am Rande: Mein Onkel war 1955 als Lehrling (für junge Leser: Auszubildender) beim Bau des Karmann Ghia beteiligt. Später war er im Werkzeugbau, wo Anpassungen für regelmäßige Änderungen der Karosserie vorgenommen wurden. 47 Jahre war er bei Karmann beschäftigt und saß heute das erste Mal selbst in einem der eleganten Cabriolets mit Weltruf. Ein ganz besonderes Gefühl.
Freitag sah es so aus, als ob das Karmann Ghia-Treffen ohne mich stattfinden sollte. Besten Dank an das UKM, dass ihr dafür gesorgt habt, dass ich wieder schnell fit war.
70 Jahre Karmann Ghia – ein besonderes Jubiläum für Osnabrück. Der Karmann hat nicht nur den Namen des Unternehmens, sondern den der Friedensstadt Stadt Osnabrück in die Welt getragen.
Wollt ihr mehr vom Karmann Ghia sehen? In Georgsmarienhütte wurden mit jeweils großen Karmann-Ghia-Treffen "50 Jahre Typ 14 Coupé 2005", 50 Jahre Karmann Ghia Typ 14 Cabriolet 2007" und "50 Jahre Karmann Ghia Typ 34" gefeiert. Dazu gibt es natürlich auch jede Menge Fotos.